Pressemitteilung von DigitalCourage e.V.: Polizeigesetz kaum entschärft – NRW weiter auf Überwachungskurs

Die Fraktionen von CDU und FDP des Landtags NRW haben am 9. Oktober einen Änderungsantrag zur umstrittenen Verschärfung des Polizeigesetzes vorgestellt. Digitalcourage kritisiert, dass die öffentliche Kritik und die Stellungnahmen zahlreicher Expert.innen nicht ernst genommen wurden und fordert, die geplanten Verschärfungen abzubrechen.

„Das Gesetz ist weiterhin voller unverhältnismäßiger Eingriffe in die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger“, erklärt Kerstin Demuth von Digitalcourage. „Die Änderungen sind reine Makulatur. Die Prognosejustiz der NRW-Regierung schafft Rechtsunsicherheit und zerstört das Vertrauen in Rechtsstaat und Polizei.“

Entschärfungen sind minimal

Presseberichten zufolge sollen alle Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen des Entwurfs auch nach dem Änderungsantrag erhalten bleiben, darunter elektronische Fußfesseln und Schleierfahndung. Ebenso soll die Videoüberwachung ausgeweitet werden, obwohl sie Studien zufolge gegen Gewalt und Terror wirkungslos ist.
Auch Staatstrojaner zur Quellen-TKÜ und die hochinvasiven Onlinedurchsuchung sind weiterhin vorgesehen. Kritiker.innen warnen vor dem Einsatz von Staatstrojanern. Denn Staatstrojaner sind Schadsoftware, die über Sicherheitslücken in Geräte eingeschleust wird. Die IT-Sicherheitslücken können auch von Geheimdiensten und Kriminellen ausgenutzt werden. Digitalcourage hat im August Verfassungsbeschwerde gegen den Staatstrojaner eingereicht.

Einzig der Unterbindungsgewahrsam soll von aktuell zwei Tagen nun auf zwei Wochen verlängert werden – im Gesetzentwurf waren noch vier vorgesehen. Die FDP-Fraktion erklärt in einer Pressemitteilung, der Begriff der „drohenden Gefahr“ würde gestrichen. Stattdessen sieht der Änderungsantrag aber andere Formulierungen vor, die der Polizei ein Eingreifen erlauben, weit bevor eine konkrete Gefahr oder Straftat vorliegt.

Kerstin Demuth kommentiert:

„Die Regierungsfraktionen erklären nicht, wie die Verschärfung für mehr Sicherheit sorgen soll. Das Gegenteil ist der Fall: Unsere Abwehrrechte gegen den Staat schaffen Sicherheit – und die werden durch den Gesetzentwurf ausgehöhlt.“

Niedersachsen kann kein Maßstab sein

Das neue Polizeigesetz für NRW an Niedersachsen zu orientieren ist eine symbolische Antwort auf die Kritik, denn gegen das niedersächsische NPOG liegen mehr als 20 fundierte kritische Stellungnahmen vor. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des niedersächsischen Landtages (GBD) erteilte Hoffnungen, dass der Entwurf rasch in ein Gesetz überführt werden könne, einen deutlichen Dämpfer – geschätzte 30 verfassungsrechtliche Probleme seien erkennbar.

Innenminister fürchtet das Bundesverfassungsgericht

Innenminister Herbert Reul (CDU) kommentiert in der Neuen Westfälischen die Änderungen am Gesetzentwurf: „Was bringt das beste Gesetz, wenn es am Verfassungsgericht scheitert?“ Rena Tangens, Gründungsvorstand von Digitalcourage kommentiert:

„Wie soll ein Gesetz gut sein, wenn es nicht verfassungsgemäß ist?“

Nach Einschätzung von Digitalcourage sollte sich Sicherheitspolitik an Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und mildesten Mitteln orientieren – nicht an den maximalen Grenzen des Grundgesetzes. Aus Sicht der Grundrechteorganisation Digitalcourage ist der aktuelle Kurs der Reform gekennzeichnet durch ein Defizit an sachlicher Auseinandersetzung mit dem Thema Sicherheit und einer Euphorie für Überwachungsmaßnahmen und repressive Innenpolitik.

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Quelle und weitere Informationen: digitalcourage.de/2018/10/10/digitalcourage-polizeigesetz-kaum-entschaerft-nrw-weiter-auf-ueberwachungskurs